Keine Angst vor den Wechseljahren – Tipps und Therapien von Freundinnen für Freundinnen

Dr. Judith Bildau im Gespräch


Dr. Judith Bildau ist Fachärztin für Gynäkologie, Buchautorin und lebt mit ihrer Patchwork- Familie in der Toskana. Wir haben ihr drei wichtige Fragen zu den Wechseljahren gestellt und wollten unter anderem wissen, wieso diese Zeit besser ist als ihr Ruf.

Wie merkt eine Frau, dass sie jetzt in den Wechseljahren ist?

Lange Zeit wurde Frauen eines vermittelt: Die Wechseljahre beginnen, wenn die Periode unregelmäßig wird. Zum Glück sind wir diesbezüglich heutzutage sehr viel schlauer! Wir wissen, dass die ersten hormonellen Veränderungen bereits mit Ende 30, Anfang 40 beginnen und durchaus schon unangenehme Symptome verursachen können. Diese Phase nennt man übrigens Prämenopause. Sie kann bis zu 10 Jahren dauern und geht dann direkt in die sogenannte Perimenopause über – also in die tatsächlichen Wechseljahre.

Die meisten Frauen treten etwa Mitte 40 in die Perimenopause ein. Hierbei handelt es sich um einen eher schleichenden Prozess und viele körperliche sowie seelische Veränderungen werden zunächst einmal gar nicht mit dem sich weiter verändernden Hormonhaushalt in Verbindung gebracht. Häufige Symptome können nun zum Beispiel Stimmungsschwankungen sein, sogar bis hin zu depressiven Phasen. Aber auch vermehrt Kopf-, Knochen- und Muskelschmerzen sowie Schlafstörungen und Konzentrationsschwäche sind möglich. Diese sollten nun einmal medizinisch abgeklärt werden. Wenn es keine anderweitig medizinisch-organische Erklärung für das jeweilige Beschwerdebild gibt, sollten Frauen unbedingt daran denken, dass all das eben auch hormonelle Ursachen haben kann.

Ich rate meinen Patientinnen immer dazu, für eine gewisse Zeit ein „Symptomtagebuch“ zu führen. So können wir schließlich gemeinsam schauen, wann genau die Beschwerden auftauchen, wie lange sie andauern und wie wir sie mit dem Zyklus in Verbindung verbringen können. Auch eine Hormonanalyse, also eine Blutuntersuchung, kann hier weiteren Aufschluss geben. Bei den wenigsten Frauen hört übrigens die Periode ganz plötzlich auf. Viel häufiger erstreckt sich vor der Menopause, also der letzten Menstruationsblutung, eine Phase mit unregelmäßigen Zyklen und unterschiedlich langen und starken Blutungstagen.

 

Warum sind die Wechseljahre besser als ihr Ruf?

Viele Frauen haben ein ganz erschreckendes Bild in ihrem Kopf: „Mit den Wechseljahren ist mein Leben vorbei! Ab jetzt geht es nur noch bergab!“ Verantwortlich sind unsere Medien für diesen fälschlichen Grundgedanken – denn Frauen waren ab einem gewissen Alter quasi gar nicht mehr präsent in Film und Fernsehen, und wenn doch, dann nur als ältere Damen oder gar Großmütter. Und auch die Medizin hat Frauen in dieser Phase ihres Lebens lange Zeit sträflich vernachlässigt. Es ist also kein Wunder, dass es an positiven Assoziationen fehlt. Es wird höchste Zeit, genau das zu ändern! Die Wechseljahre sind eine wahnsinnig spannende und aufregende Zeit! Die Frauen sind deutlich selbstbewusster, müssen sich und ihrer Umwelt immer weniger beweisen und sind nicht mehr so leicht aus der Ruhe zu bringen. Sie haben ihren ganz eigenen Stil gefunden und fühlen sich wohl in ihrer Haut. Die Familienplanung ist in der Regel abgeschlossen und der Fokus liegt jetzt auf ganz persönlichen Wünschen und Zielen. Das ist großartig!

 

Was raten Sie Ihren Patientinnen, die stark unter den Beschwerden der Wechseljahre leiden? Haben Sie eine medizinische Empfehlung oder auch Tipps & Tricks?

Auch hier liegt ein jahrzehntelanges Missverständnis vor: Viel zu lange galt, dass es normal und damit sozusagen auch „unvermeidbar“ sei, dass Frauen in den Wechseljahren leiden. Doch dem ist nicht so! Das Abfallen der Hormone kann starke Beschwerden verursachen und die Lebensqualität der Frauen erheblich beeinträchtigen, doch damit muss sich – glücklicherweise – keine Frau abfinden.

Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, für Wohlbefinden zu sorgen. Mit einem gesunden, achtsamen Lebensstil und pflanzlichen Hilfsmitteln können zum Beispiel Symptome gelindert werden. Ich hoffe aber auch, dass es uns in den nächsten Jahren gelingen wird, den Ruf der Hormonersatztherapie deutlich zu verbessern. Die heutigen, individuell angepassten Therapieverfahren können nämlich nicht nur akute Beschwerden verbessern, sondern haben auch einen schützenden Effekt auf Knochen, Gefäße und Gehirn. Zusätzlich sorgen sie dafür, dass Frauen auch in der sich anschließenden Postmenopause körperlich und geistig lange fit und aktiv bleiben.